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W I L D C H I L D

2014-12-07

Der Gottesbeweis nach Anselm von Canterbury:

„Nicht nur der Gläubige, sondern auch der Gottesleugner muss, wenn er die Existenz Gottes bestreitet und […] in seinem Herzen spricht 'Es gibt keinen Gott', Gott denken, und zwar mindestens als ein Wesen, über das hinaus ein Größeres nicht gedacht werden kann. Auch für den Gottesleugner existiert somit Gott in seinem Denken; was er leugnet, ist die Existenz Gottes unabhängig vom Denken.“


Das heißt: Gott ist immer anwesend in mir, dadurch dass ich ständig über ihn nachdenken muss. Seine Anwesenheit zeigt sich dadurch, dass ich an ihm zweifle. Ich bin mit dieser Präsenz aufgewachsen, dass da etwas sein soll, das größere Macht und Liebe besitzt als alles andere in der Welt und im Universum. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich irgendwann zu dem Schluss kommen musste, dass Gott gar nicht außerhalb von mir selbst existieren kann. Ich glaube nicht, dass es dort einen oben im Himmel gibt mit langem Bart, der über alles wacht, sich alles anschaut, alles mit uns mit erlebt. Natürlich glaube ich an den Urknall, die Evolution und dass wir im Gegensatz zum Universum nur ein Haufen Ameisen sind. Ich glaube nicht, dass ich diese höhere Kraft brauche, um etwas im Leben zu schaffen. Ich brauche nur mich und den Glauben an mich selbst. Vielleicht ist es genau das. Wenn die Menschen an Gott glauben, um etwas zu bewältigen, glauben sie vielleicht in wirklich eigentlich an sich selbst.

Als sei Gott ein Synonym für uns selbst. Wir sind Gott. Ich bin Gott. Vielleicht mache ich mir das hier aber auch gerade etwas zu einfach ...

 

Dann überlege ich anders: Was, wenn ich nicht damit aufgewachsen wäre? Was wäre, wenn meine Eltern Atheisten wären, die an so eine Präsenz nicht glauben und ich damit nicht in Berührung gekommen wäre. Dann hätte ich in meinem Kopf nicht die Instanz 'Gott' und den Zweifel oder Glaube an ihn, sondern nur... mich selbst. Ich würde nicht Gott in Frage stellen, sondern nur mich. Für einige ist das wahrscheinlich genau das Problem.

Mir wurde einmal gesagt, dass es bewundernswert ist, wenn man an etwas glaubt, dass man nicht fühlen, sehen, schmecken oder hören kann, von dem keinen wirklichen Beweis hat, dass es existiert. Vielleicht ist es das auch, bewundernswert, dass man sich dadurch nicht beirren lässt. Glauben wir nicht an viele Dinge, von denen wir keinen Beweis besitzen, dass sie existieren, dass sie nur ein Gespinst unseres Gehirns sind? Die Liebe zum Beispiel.
 

„[…] Anselm kommt zu dem Ergebnis, dass Gott nicht nur etwas ist, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, sondern dass er größer ist als alles, was gedacht werden kann.“

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